Die Natur schafft Wunder in unserem Körper

Blutgerinnungsstörungen – Vorsicht ist geboten.
Unser Körper hat einen „natürlichen Bauplan“ und trägt so einige kleine und große Wunder der Natur in sich. Er besteht aus einem hochkomplexen System von Hormonen, Eiweißen, Blutkörperchen, Kreisläufen, Systemen und Organen mit entsprechenden Abhängigkeiten untereinander. Funktioniert das Zusammenspiel im Körper, fühlen wir uns gesund und vital. Bei einigen von uns läuft nicht alles dem natürlichen Bauplan entsprechend. Dies ist zum Beispiel bei der Erkrankung „Blutgerinnungsstörungen“ der Fall.
Blutgerinnungsstörungen – Vorsicht ist geboten.
Unser Körper ist darauf eingestellt, Erkrankungen und Verletzungen schnellstmöglich von innen heraus zu behandeln. Unser Blut trägt besonders bei Verletzungen einen maßgeblichen Beitrag zur Heilung bei, denn unser Blut kann gerinnen. Schneiden wir uns zum Beispiel, beginnen Blutplättchen und Gerinnungseiweiße sofort damit sich zu verbinden, zu verklumpen und einen sogenannten Thrombus zu bilden, der auch Gerinnsel genannt wird. Dieser verschliesst die Wunde. Wäre dies nicht der Fall, würden wir schon beim kleinsten Schnitt verbluten.
Wie schnell sich diese Thromben (Gerinnsel) bilden ist abhängig von der Anzahl der Gerinnungseiweiße und der daraus resultierenden Gerinnungsfähigkeit des Blutes.
Allerdings kann das Gerinnungsgleichgewicht gestört sein. Haben wir eine zu hohe oder eine zu niedrige Gerinnungsfähigkeit, spricht man von Blutgerinnungsstörungen. Ist die Blutgerinnung zu stark, besteht die Gefahr, dass sich unnatürlich viele, zu starke Gerinnsel oder Gerinnsel ohne Vorliegen einer Verletzung im Körper bilden können. Solche Gerinnsel können zu Embolien, das bedeutet ein Verschluss von Gefäßen, führen. Dies kann sehr gesundheitsgefährdend sein, da wichtige Kreisläufe im Körper unterbrochen werden können. Ist die Gerinnungsfähigkeit des Blutes zu gering, kann die Wahrscheinlichkeit und Anfälligkeit für innere und äußere Blutungen erhöht werden.
Die Natur schafft Wunder in unserem Körper

Blutgerinnungsstörungen können unterschiedliche Gründe haben. Zum einen können die für die Gerinnung notwendigen Blutgerinnungseiweiße fehlen oder in nicht ausreichender Zahl vorhanden sein. Es kann ebenso sein, dass die Gerinnung unseres Blutes aufgrund einer Störung zu stark ist und so die Blutgerinnungseiweiße zu schnell im Körper aufgebraucht werden. Weitere Gründe können eine zu geringe Zahl von Blutplättchen, eine gestörte Bindung untereinander oder eine gestörte Bindung an der verletzten Stelle sein. Die Auslöser für Blutgerinnungsstörungen können vielseitig sein: eine hormonelle Umstellung, z. B. in der Schwangerschaft, angeborene Störungen (z. B. das von-Willebrand-Jürgens-Syndrom, Hämophilie/Bluterkrankheit) oder eine Autoimmunkrankheit. Auch bestimmte Medikamente (z. B. Schmerzmittel) können die Gerinnungsfähigkeit des Blutes beeinflussen.
Möchten Sie weitere Informationen zu Blutgerinnungs-
erkrankungen erhalten, sprechen Sie Ihren Arzt/Ihre Ärztin an. Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Blutgerinnung oder die eines Angehörigen oder Freundes nicht optimal ist, sollten Sie umgehend Ihren Arzt/Ihre Ärztin aufsuchen bzw. diesen Besuch empfehlen.
Ursachen von Blutgerinnungsstörungen
In der nachstehenden Tabelle haben wir für Sie eine Übersicht der verschiedenen Formen von Blutgerinnungsstörungen zusammengestellt.
Wenn Sie Fragen zu Blutgerinnungsstörungen, möglichen Ausprägungen und Symptomen sowie Behandlungsmöglichkeiten haben, wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt/Ihre Ärztin. Sie werden Sie detailliert informieren und beraten können.
Die typischen Symptome sind gehäufte blaue Flecke bis hin zu ausgedehnten Muskel- und Weichteilblutungen.
Form |
Ursache |
Fehlen von Gerinnungsfaktoren/ Gerinnungsstörungen |
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Verbrauchskoagulopathie – rasch einsetzende Gerinnungsstörung, die durch eine erhöhte Umsatzsteigerung der Thrombozyten und Gerinnungsfaktoren ausgelöst wird |
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von-Willebrand-Jürgens-Syndrom |
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Bluterkrankheit – Hämophilie A |
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Angeborene Afibrinogenämie |
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Dysfibrinogenämie |
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Bildungsstörung von Gerinnungsfaktoren durch • Vitamin-K-Mangel (erworben)• Störungen der Eiweißsynthese (erworben) |
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Antikörper gegen einzelne Gerinnungsfaktoren |
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Protein-C-Mangel |
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APC-Resistenz |
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Protein-S-Mangel |
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Aktivierung der Blutgerinnung |
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Plättchenfunktionsstörung |
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Von Willebrand-Jürgens-Syndrom
Ca. 1 % der Bevölkerung ist davon betroffen, wobei die Blutungsneigung unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Die schwere Form des vWS ist sehr selten und betrifft 1 - 3 von 1 Million Menschen. Männer und Frauen sind gleich häufig von der Erkrankung betroffen. Erstmals beschrieben wurde das vWS 1926 durch den finnischen Arzt Erik von Willebrand anhand einer Bluterfamilie auf den zwischen Schweden und Finnland gelegenen Aaland-Inseln.
Zunächst wurde angenommen, dass diese Erkrankung mit der Hämophilie A verwandt sei. In Zusammenarbeit mit dem Leipziger Hämatologen Rudolf Jürgens wurden später Unterschiede sowohl im Erbgang als auch im klinischen Erscheinungsbild festgestellt. Die Erbinformation des von Willebrand-Faktors (vWF) liegt auf dem Chromosom 12, also nicht wie bei den Hämophilien auf einem Geschlechtschromosom. Die Synthese findet in den Endothelzellen und Vorläuferzellen der Blutplättchen statt. Durch Zusammenlagerung entstehen sehr lange Ketten, die als Multimere bezeichnet werden. Durch den Zusammenschluss zu den Multimeren ergibt sich ein Multiplikationseffekt für die Wirksamkeit des vWF. Nur vWF in Form langer Ketten kann seine Wirkung voll entfalten. Der vWF ist für die Ausbildung des lockeren Blutpfropfes zum Gefäßverschluss wichtig, da er Bindungsstellen für Kollagen einerseits und Thrombozyten andererseits besitzt. Die Multimere werden zum Teil in den Endothelzellen gespeichert, aus denen sie im Bedarfsfall freigesetzt werden. Die nicht gespeicherten Multimere werden in das Plasma freigesetzt.
Je nach Schweregrad variiert das klinische Bild des vWS. Deutliche Symptome, auch bei milden Formen des vWS (Typ 1 und Typ 2), sind lang anhaltende Blutungen auch aus kleinsten Schnitt- und Schürfwunden sowie Blutungen bei Zahnbehandlungen. Von besonderer Bedeutung sind starke Menstruationsblutungen und Nachblutungen im Rahmen von Geburten. Nach operativen Eingriffen kommt es vor allem bei Operationen im HNO-Bereich, aber auch bei Eingriffen im Bauchraum zu intra- und postoperativen Blutungen mit Transfusionsbedarf. Es besteht also bei diesen Patienten eine starke Blutungsgefährdung, vor allem bei Eingriffen im Schleimhautbereich, weshalb eine Behandlung vor keinem Eingriff unterbleiben darf. Die Patienten mit vWS Typ 3 haben eine sehr starke Blutungsneigung und leiden zum Teil unter hämophilieartigen Blutungen. Es können sogar Gelenkblutungen hinzukommen. Häufig sind auch gastrointestinale Blutungen.
Hämophilie A
Hämophilie A ist eine angeborene lebenslang erhöhte Blutungsneigung, die durch eine Verminderung der Aktivität des Gerinnungsfaktors VIII hervorgerufen wird. Die Vererbung der Hämophilie A erfolgt über das X-Chromosom (Geschlechtschromosom) und wirkt sich nur dann aus, wenn als zweites Geschlechtschromosom kein normales X-Chromosom vorhanden ist. Da Mädchen 2 X-Chromosomen und Jungen ein X- und ein Y- Chromosom als Geschlechtschromosom haben, sind in der Regel männliche Individuen von der Erkrankung betroffen. Auf 5.000-10.000 geborene Jungen kommt einer mit Hämophilie A.
FG006226
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Hämophilie A
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· DHG e. V. (https://www.dhg.de/)
· Interessengemeinschaft
Hämophiler e. V. (http://www.igh.info/)

Was tun bei kleinen Verletzungen?
Lesen Sie hier, was Sie bei kleineren Verletzungen noch beachten können.
Machen Sie eine Pause. Kühlen Sie die Verletzung mit einem Kühlkissen oder Eis und schützen Sie dabei die verletzte Stelle mit einem Tuch. Legen Sie einen straffen Druckverband an und lagern Sie die verletzte Stelle hoch.
Sollten Sie größere Verletzungen erlitten haben oder die Blutung nicht zu stoppen sein, suchen Sie bitte einen Arzt/eine Ärztin auf. Teilen Sie unbedingt mit, dass bei Ihnen eine Blutgerinnungsstörung vorliegt und welche Medikamente Sie einnehmen.